| Kategorie: Kinderphysiotherapie

BABY

Über Schlaf-Lern-Programme!

Aufhänger dieses Blogbeitrags ist ein Artikel in der Februar-Ausgabe der „Eltern“ mit Frau Kast-Zahn (Autorin von „Jedes Kind kann schlafen lernen“). Was hat das Ganze mit Physiotherapie zu tun, werden Sie sich jetzt fragen?

Erstmal gar nichts. Da unsere Bobath- Kindertherapeuten aber ganzheitlich arbeiten und das Frühchen, Baby oder Kind in seinem gesamten Umfeld anschauen, ist es uns ein Anliegen, uns zu diesem, leider noch aktuellem, Thema zu äußern.

Frau Kast- Zahn propagiert das Schlaflernprogramm nach Dr. Richard Ferber: Er ist Leiter eines Kinderschlafzentrums in Boston und hat Mitte der 80iger Jahre ein Schlafprogamm für Kinder entwickelt. Es sollte eine Art Notbremse für verzweifelte, erschöpfte Eltern sein.

Was ist „Ferbern“

Bei der Durchführung dieser Methode sollte das Kind, laut Dr. Ferber, mindestens 1 Jahr alt sein. Nach einem Abendritual wird das Kind wach ins Bett gelegt. Danach verlässt man ohne weitere Gesten und Erklärungen das Zimmer. In den meisten Fällen fängt das Kind an zu schreien. Auf dieses Schreien des Kindes wird dann in genau bestimmten Zeitabständen reagiert. Diese Zeitabstände steigern sich von anfangs 3 Minuten bis maximal 30 Minuten. Zwischendurch gibt es eine Auszeit, in der man zum Kind geht und es beruhigt. Dabei darf man das Kind nicht aus dem Bett nehmen. Die Auszeit sollte nicht länger als 2 Minuten betragen. Praktiziert wird das Ganze so lange, bis das Kind schläft. Ziel der Behandlung ist es dass das Kind ohne Einschlafhilfe (Stillen, Tragen, Nuckel, Flasche etc.) einschläft. Die gleiche Methode wird dann auch nachts beim Aufwachen des Kindes angewendet. Somit soll es dann das „Durchschlafen“ erlernen.( Inhalt von der Website www.ferbern.de entnommen)

Ist Ferbern schädlich

Es gibt keine Studie, die belegt, das das ferbern schädlich für das Kind ist. Wie sollte man denn auch so eine Studie bei Babys ethisch begründen können? Allerdings wurden Studien bei Erwachsenen durchgeführt, die als Baby geferbert wurden und mit Erwachsenen verglichen, die nicht geferbert worden sind. Genau das ist in einer US-amerikanischen Studie von Prica, Wake et al passiert, und das Ergebnis war, dass schlaftrainierte Kinder sich weder in ihrem Bindungs- noch in ihrem Sozialverhalten von nicht schlaftrainierten Kindern unterscheiden. Ja, es gibt sogar eine Studie, die einen positiven Effekt von Schlaftrainings auf die Mutter-Kind-Interaktion nachgewiesen hat.(http://www.nora-imlau.de/2014/01/was-ich-von-annette-kast-zahn-ubers-ferbern-gelernt-habe/)

Was passiert aber denn eigentlich wenn ein Baby schreit?

Das einzige Kommunikationsmittel zwischen Babys und Eltern ist es, ihnen durch schreien zu signalisieren, dass etwas nicht in Ordnung ist. Ihr Gehirn ist noch nicht ausreichend entwickelt, um klar denken zu können und Pläne zu schmieden. Das Ammenmärchen, dass Babys schreien, um ihr Eltern damit zu manipulieren und zu kontrollieren, ist somit hinfällig.

Die Unfertigkeit des Gehirns beruht auf der Entwicklung, die wir im Lauf der Jahre vollzogen haben. Vor ca. 4 Millionen Jahren konnte der Mensch sich das erste Mal auf zwei Beinen bewegen. Durch diesen Fortschritt und die gewonnene Freiheit der Hände war er in der Lage komplexere Aufgaben zu erfüllen. Dadurch wuchs im Lauf der Zeit die Intelligenz und somit auch das Gehirn.

Durch den aufrechten Gang verengte sich das Becken der Mutter. Ein größeres Gehirn bedeutet auch ein größerer Kopf, der nun nicht mehr durch das Becken passte. Die Natur löste diese Problematik durch einen Geburtszeitpunkt, an dem der Kopf des Kindes noch durch das verengte Becken passt. Die frühere Geburt des Kindes hatte zur Folge, dass das Gehirn noch nicht in vollem Umfang entwickelt ist. Das menschliche Junge kommt von allen Säugern am wenigsten entwickelt auf die Welt.

Das Warnsystem für mögliche Gefahren funktioniert von Geburt an, weil dieses das Überleben des Kindes sichert. Ein Baby reagiert sehr empfindlich auf äußere Einflüsse. Laute Geräusche könnten für ein Kind ein möglicher Angreifer sein. Es kann nicht unterscheiden, ob es sich um den Staubsauger oder ein angreifendes Tier handelt. Es hat nur die Möglichkeit um Hilfe zu rufen und das wird durch schreien vermittelt. Anders können Babys ihre Furcht nicht zum Ausdruck bringen. Das ist ihre Art mit uns zu kommunizieren.

Schreien bedeutet Stress – Stress schädigt das Gehirn ihres Kindes

Babys reagieren sensibel auf unsere Umwelt, dieser Zustand nimmt mit dem Älterwerden des Kindes ab. Es kommen allerdings neue Ängste hinzu, wie z.B. die Trennungsangst. Auch ältere Babys und Kleinkinder sind also noch sehr empfindlich und es ist schädlich sie in ihrer Trauer alleine zu lassen.

All diese empfundenen Emotionen bedeuten für das Gehirn ihres Kindes eine Welle von Stresshormonen. Beruhigen sie ihr Kind nicht durch trösten, schwirren diese Hormone lange Zeit im Gehirn ihres Kindes umher, wirken toxisch und schädigen es irreparabel.

Dazu muss man klar stellen, dass sich die Informationen auf lang anhaltendes, ungetröstetes Schreien bezieht. Schreien, das sich erst legt, wenn das Kind entweder erschöpft eingeschlafen ist oder es hoffnungslos erkennt, dass keine Hilfe zu erwarten ist.(http://www.ferbern.de/rund-ums-ferbern/no-go-ferbern/babys-schreien-lassen-stress.html)

Fazit

Wissenschaftliche Studien für oder wider Schlaflernprogramme gibt es zu Hauf! Aber diese Studien sind obsolet. Denn im Grunde geht es bei solchen Sachen um die Entscheidung welches Beziehungsverhältnis eine Mutter/ ein Vater mit ihrem/ seinem Baby/ Kind aufbauen will. Ein krasses Beispiel: Dr. Renz-Polster schreibt in seinem Blog von einer Aussage eines Schlafforschers, der davor warnt, Kinder in den Schlaf zu singen: die Gefahr besteht nämlich, das die Kinder sich daran gewöhnen und von der Anwesenheit der oder des Singenden abhängig werden!(http://blog.kinder-verstehen.de/?p=78). Aber wer im Jahr 2014 so einer Studie folgt, hat ein großes Problem im Beziehungsverhältnis zwischen Kind und Elternteil und sollte zeitnah darüber nachdenken adäquate Hilfe aufzusuchen. Wer nun wissenschaftlichen Studien folgt, die besagen, das das Ferbern nicht schädlich sei, kann dies gerne tun. Die Frage ist allerdings, wem dieses Ferbern zugute kommt? Ist es im Endeffekt nicht nur zum Wohlbefinden der Eltern, die dadurch mehr Ruhe und Zeit für sich gewinnen?

Ein Kind braucht die Nähe der Eltern- auch nachts!