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Worum geht´s

Anfang des Jahres hat die Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Partei „Bündnis 90/ Die Grünen“ nach der Versorgung mit Heilmitteln in Deutschland in der Physiotherapie- Branche hohe Wellen geschlagen.

Die Fraktion der Grünen konstatierte:

„Aufgrund der demographischen Entwicklung steht unser Gesundheitssystem vor vielfältigen Herausforderungen….Dabei spielen die Heilmittelerbringer (Physiotherapeuten, Logopäden; Ergotherapeuten und Polologen- Anm. d. Redakteurs) eine wichtige Rolle. In den letzten Jahren haben…Heilmittelerbringer kritisiert, dass der Berufsstand ….aufgrund unverhältnismäßig geringer Einkünfte bei gleichzeitig steigenden Ausgaben, wie beispielsweise für die Ausbildung, Weiterbildung und Betriebsführung, bedroht ist. Das habe sich zuletzt auch auf die Ausbildungszahlen ausgewirkt.“

Die Grünen stellten Ende des Jahres 2015 dazu einen Fragenkatalog zusammen um unter anderem die wirtschaftliche Situation der Heilmittelerbringer zu ermitteln.

Status Quo

Die Ausgaben sowohl der gesetzlichen als auch der privaten Krankenkassen für Heilmittel (u.a. Physiotherapie) sind in den letzten 5 Jahren zweistellig gestiegen. Gleichzeitig stieg die Zahl der praktizierenden Physiotherapeuten, Masseure und medizinischen Bademeister um 20000 Tätige. Dies ist zum großen Teil der demographischen Entwicklung geschuldet: die Deutschen werden immer älter und benötigen immer mehr Physiotherapie.

Klingt im ersten Moment so, als ob die Profession des Physiotherapeuten eine zukunftsträchtige, sichere Berufswahl bietet. Warum lassen sich dann aber immer weniger junge Leute zu Physiotherapeuten ausbilden?

Die Vergütung

Der Gesetzgeber gibt jährlich eine Obergrenze für Vergütungserhöhungen bekannt, die die gesetzlichen Krankenkassen nicht überschreiten dürfen; diese orientiert sich an der Summe aller ausgezahlten Löhne in  Deutschland. Die Vergütung der Physiotherapeuten ist also per Gesetz gedeckelt.

Zwar wurde durch das Versorgungsstärkungsgesetz 2015 beschlossen, das das Vergütungsvolumen (5,69 Mrd € in 2015) neben den regulären jährlichen Anpassungen hinaus zusätzlich um geschätzte 70 bis 80 Mio.€ im Jahr steigen wird. Dies soll eine schrittweise Angleichung der Vergütungen für Heilmittel zwischen den Krankenkassen bis 2021 gewährleisten. Tatsache ist aber, das die Mehrausgaben lediglich die noch immer teilweise frappierenden Vergütungsunterschiede in Ost und West ausgleichen soll.

Wie ist das zu werten

Die Bundesregierung hat aufgrund statistischer Analysen einen durchschnittlichen Bruttojahresverdienst von Physiotherapeuten ermittelt, der eine angemessene Vergütung erscheinen lässt.

Tatsächlich sieht es aber ganz anders: Das Stellenportal Stepstone hat nun den Gehaltsreport 2016 herausgegeben. Es wurde durch eine Befragung von 50000 Fach- und Führungskräften ermittelt, dass selbst nach über zehnjähriger Berufserfahrung das von der Bundesregierung ermittelte Durchschnittseinkommen nicht erreicht wird.

Und nun?

Fakt ist: Die Anzahl der physiotherapeutischen Leistungen steigt; die Zahl der Auszubildenden sinkt. Klarer Grund dafür ist die finanzielle Unattraktivität. Denn in den letzten Jahren sind die Vergütungen nur moderat gestiegen (knapp über der Inflation), die Kosten aber stark. Die Personal-, Aus- und Weiterbildungs-, Betriebsführungskosten und, nicht zuletzt die Kosten durch den steigenden bürokratischen Aufwand können durch die Vergütungserhöhungen der gesetzlichen Kassen kaum kompensiert werden.

Die Ausbildungsstandards in der Physiotherapie steigen: seit Jahren kann man den Beruf auch in einem ausbildungsintegrierendem Studium erlernen. Die Physiotherapie entwickelt sich von einem Heil- Hilfsberuf hin zu einer eigenständigen Profession. Der sogenannte Direct Access, das heisst der ungehinderte Zugang des Patienten zum Physiotherapeuten ohne Umweg über den Arzt, wird angestrebt.

Eine angemessene physiotherapeutische Versorgung der Patient kann mittel- und langfristig nur über eine bessere Vergütung erfolgen.

 

Quellen: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/072/1807283.pdf

iww.de/…/interview-direktzugang-zum-physiotherapeuten-chancen-und-risiken-eines-neuen-versorgungsmodells-f60828

welt.de