| Kategorie: Kinderphysiotherapie

Der inklusive Gedanke begann in Deutschland quasi zu dem Zeitpunkt, an dem Kinder aller sozialen Schichten eine gemeinsame Erziehung genossen. Erstmalig wurde der Begriff Inklusion in den 70er Jahren zum Thema der (inter-)nationalen Fachwelt. Aktuell ist in fast allen Bundesländern eine flächendeckende Unterbringung von Kindern mit Behinderung in integrativen Einrichtungen (0-6 Jahre) möglich. 2006 waren es circa 76,8%. Dies bedeutet jedoch, dass zu diesem Zeitpunkt noch jedes vierte Kind in Sondereinrichtungen untergebracht war (5). Hierzulande stehen elementare Bildungseinrichtungen seit 2009 vor der Herausforderungen, die UN-Konvention umzusetzen (2).

„Inklusive Pädagogik sieht Kinder als Gleiche an hinsichtlich ihres Rechts auf Bildung sowie weiterer grundlegender Rechte.(…)Dabei geht es um die Anerkennung von Unterschieden im Hinblick auf Kultur, Identität, Leistungsstandards, Interessen, Erfahrungen, Geschlecht, sexuelle Orientierung und körperliche Fähigkeiten.“ (Karsten, 2012)

Nicht nur räumliches Zusammenbringen von Kindern mit verschiedenen Fähigkeiten, sondern vielmehr auch inhaltliches Vereinigen steht dabei auf der Tagesordnung. Schließlich sind die Bedürfnisse aller zu möglichst gleichen Teilen zu befriedigen. Die pädagogische Praxis zeigt jedoch, dass einer kompletten, flächendeckenden Inklusion gesellschaftliche Rahmenbedingungen und Differenzierungen im Weg stehen (1). Aber genau an dieser Stelle ist der inklusive Gedanke in der Elementarpädagogik zu verankern. Schließlich beginnen sich hier die Generationen von morgen zu bilden. Wenn bereits Kleinkinder mit dem Gedanken von Normalität facettenreicher Lebensformen aufwachsen, kann es es gelingen, ein gesellschaftliches Umdenken ab den Kinderschuhen zu ermöglichen. Besonders im Kleinkindalter gehört es bei Kindern zum normalen Alltag, dass die Kinder ihrer Einrichtung (oder Gruppe) unterschiedliche Fähigkeiten haben und verschiedene Dinge noch zu erlernen sind (6). Gleichzeitig wird bewusst, dass Fachkräfte auch in all jenen Einrichtungen, welche sich nicht ausdrücklich dem inklusiven Schwerpunkt verschrieben haben, vor der täglichen Herausforderung stehen, pädagogische Aktivitäten für alle Kinder unabhängig ihrer sozialen, kulturellen oder sprachlichen Hintergründe zugänglich zu machen (6).

Folgende Schwerpunkte sind in inklusiven Einrichtungen von großer Bedeutung (vgl. 2, 3, 4, 6): 

Subjektive Sichtweisen: 
Reflexion eigener Einstellungen gegenüber Menschen mit verschiedenartigen Wesensmerkmalen (gleich, verschieden, heterogen)

Interaktion: 
gemeinsame Aktivitäten in der gleichaltrigen Gruppe, interdisziplinäre Kooperation der Fachkräfte

Integration: 
konzeptionelle und praktische Entwürfe benötigen eine konstante Überarbeitung aus Sicht von Menschen mit Behinderung.

Institution:
barrierefreie Grundvoraussetzungen, Elternarbeit, regionale Netzwerkarbeit

Gesellschaft: 
Öffentlichkeitsarbeit als Beitrag zur Integration aller Kinder, unabhängig ihrer sozialen, psychischen oder physischen Eigenschaften

Zu Gunsten aller Beteiligten muss den Verantwortlichen jedoch bewusst sein, dass es an dieser Stelle vor allem auch einem adäquaten Betreuungsschlüssel und barrierefreien Einrichtungen bedarf. Nicht zuletzt liegt ein wichtiger Fokus auf einer nachhaltigen und transparenten Elternarbeit. Nur wenn alle Beteiligten ein gemeinsames Konzept vertreten, kann inklusive Erziehung, Bildung und Betreuung gelingen. Der Index für Inklusion in Kindertageseinrichtungen hat sich hierbei als praktisches Instrument zur Bestimmung der jeweiligen inklusiven Qualität ewiesen (6).

„Wir müssen selbst die Veränderung sein, die wir in der Welt sehen wollen.“ (Mahatma Gandhi in Karsten 2012)

Quellen:
(1) Ahrbeck, B.: Inklusion: Eine Kritik.Verlag W. Kohlhammer. C.H.:Stuttgart, 2014, 2. Auflage
(2) Albers, T.: Kinder mit Behinderungen in Krippe und Kita: Von der Integration zur Inklusion. In: Albers, T. et al. (Hrsg.): Vielfalt von Anfang an. Verlag Herder: Freiburg im Breisgau, 2012, S.51-57
(3) Förster, B.: Irgendwo zwischen Inklusion und Exklusion: Aspekte zur vorschulischen Bildung tauber und gehörloser Kinder In: Albers, T. et al. (Hrsg.): Vielfalt von Anfang an. Verlag Herder: Freiburg im Breisgau, 2012, S.176-184
(4) Karsten, M.E.: Mädchen und Jungen in Krippe und Kita. Inklusive Denk- und Handlungsmodelle. In: Albers, T. et al. (Hrsg.): Vielfalt von Anfang an. Verlag Herder: Freiburg im Breisgau, 2012, S.67-74
(5) Sarimski, K.: Behinderte Kinder in inklusiven Kintertagesstätten.Verlag W. Kohlhammer. C.H.:Stuttgart, 2012
(6) Seitz, S. & Finnern, N-K.: Inklusion in Kindertageseinrichtungen – eigentlich ganz normal. In: Albers, T. et al. (Hrsg.): Vielfalt von Anfang an. Verlag Herder: Freiburg im Breisgau, 2012, S.15-26

Autorin:
Noreen Naranjos Velazquez
Freie Pädagogin
www.continuum-evolution.eu

Titelbild:

Marian Indlekofer, Sozialverband VdK Bayern e. V.